Page 54 - 25 Jahre KW Jubiläumsbuch
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Erinnerungen
Liebe Kulturwerkstatt,

jetzt bist du bald 25 und ich schon 30. Wir sind also nur sechs Jahre auseinander. Und man kann

fast sagen, wir sind zusammen groß geworden. Als ich bei Kraut und Rüben angefangen habe,

mit 9 Jahren, haben wir in der Lebenshilfe geprobt. Damit wir uns alle besser kennen lernen,

haben wir manchmal das große bunte Schwungtuch genommen, hochgeworfen und uns

dann alle auf den Rand gesetzt, so dass wir in einer großen bunten Blase saßen, bis die Luft in

unserem Raumschiff-U-Boot so schlecht wurde, dass wir wieder raus mussten. Wir Kleineren --

Kraut -- durften damals auch nur kleine Rollen spielen. Aber alle, die bei „Hilfe, die Herdmanns

kommen“ dabei waren, wissen ja: Es gibt keine kleinen Rollen, es gibt nur kleine Schauspieler.

Und deshalb mussten die kleinen Engel vorne stehen. In diesem, meinem ersten Stück hatte

ich sogar eine Sprechrolle. Mein Text war „Und meine Flügel sind verknotet“. Ich habe ihn bei

jeder Aufführung richtig gesagt, glaube ich. Wir sind dann beide gewachsen, so sehr, dass wir

nicht mehr alle in die Lebenshilfe gepasst haben und in die erste Kulturwerkstatt mit diesem

Namen in der ehemaligen Musikschule umgezogen sind. Aus Kraut wurde irgendwann Unkraut

und neben uns gab es plötzlich eine regelrechte Explosion von Kohl- und Rübengewächsen.

Wir hatten’s nicht immer leicht. Ich hatte eine scheußliche lila Brille und eine Zahnspange und

du hattest Löcher in deinem Turnhallenfußboden. Auf der Bühne haben wir„Ben liebt Anna“

gespielt. Und hinter der Bühne haben wir uns in Psychorunden unsere Gefühle füreinander

eröffnet. Aber wir haben es durch die Pubertät geschafft und irgendwann waren wir dann bei-

de erwachsen. Du warst in die Schauburg umgezogen mit einer richtigen eigenen Bühne. Wir

haben „erwachsene“ Stücke gespielt, zum Beispiel „Die Grotte“. Und ich konnte sogar meine

Facharbeit über die„Sachliche Romanze“ in der Miniburg aufführen. Seitdem haben wir uns nur

noch ganz selten gesehen. Vielleicht erkennen

wir uns auch gar nicht mehr wieder. Vielleicht haben wir uns nichts mehr zu sagen. Aber es war

eine schrecklich schöne Zeit. Und vielleicht                   Laura Jehl:
                                                      Mit Laura im Riemke in der
sind meine Flügel ja immer noch ein bisschen    Umkleidekabine stehen und ein Kleid
                                               für den Sommernachtstraum einkaufen,
verknotet. Also, auf dich, liebe Kulturwerk-   welch Überredungskunst?!?!? Ein klei-
                                                    ner unvergessener Augenblick!
statt, betrinken wir uns!          KW heißt
                                                                    Nadja
Laura Jehl                 weiter wachsen,

                           sich nicht auf den
            Lorbeeren ausruhen.
                           Thomas
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